Die Verdopplung des Würfels

mit Hilfe der mittleren Proportionalen

Jochen Ziegenbalg

Das "delische" Problem stammt aus der griechischen Antike.   Es bestand darin, zu einem gegebenen Würfel einen solchen zu konstruieren, der das doppelte Volumen hat.   Als Konstruktionswerkzeuge waren zunächst nur Zirkel und Lineal zugelassen - das Lineal ohne Markierungen.   Die Lösung des Problems setzt, in heutiger Sprechweise, die Konstruktion der dritten Wurzel von 2 voraus.   Dies ist, wie wir heute wissen, mit den klassischen Werkzeugen (Zirkel und Lineal) unmöglich.

Da sich das Problem hartnäckig einer klassischen Lösung entzog, gab es schon frühzeitig Versuche, andere Werkzeuge heranzuziehen.   Von dem griechischen, in Alexandria wirkenden, Mathematiker Eratosthenes (Eratosthenes von Kyrene, ca. 276-194 v.Chr.) stammt die im folgenden dargestellte Konstruktion mit Hilfe von quadratischen Plättchen, die sich entlang einer Schiene verschieben lassen.   Streng genommen löste Eratosthenes damit das allgemeinere Problem der mittleren Proportionalen:   Zu gegebenen Strecken a  und   b   konstruiere man ihre "mittleren Proportionalen", also Strecken x  und  y  mit der Eigenschaft:

a : x = x : y = y : b

Setzt man  b = 1, so ist die mittlere Proportionale y  gleich der dritten Wurzeln von  a  und das delische Problem ist gelöst.

Der von Eratosthenes angegebene Mechanismus besteht aus einem Paar von parallelen Schienen, auf denen sich drei kongruente quadratische Plättchen verschieben lassen.   Die Quadrate Q1:=(A1,A2,A3,A4), Q2:=(B1,B2,B3,B4) und Q3:=(C1,C2,C3,C4) sind in der folgenden Simulation in den Farben rot, grün und blau gezeichnet. Ihre Seitenlängen sind gleich dem Abstand der Schienen. Die Grösse a ist also z.B. gleich der Länge der Strecke |A1, A4| (vgl. Abbildung). Die Strecke b wird am rechten Rand auf dem am weitesten rechts liegenden Quadrat markiert: b = |C2, D| (siehe Simulation).  Auf den quadratischen Plättchen sind die Diagonalen eingezeichnet.  Eine weitere Schiene ist im Punkt   A4  drehbar gelagert, ihre Richtung ist dadurch festgelegt, dass sie stets durch den Punkt   D   läuft.   Dabei schneidet die Schiene die rechten vertikalen Seiten der anderen Quadrate in den Punkten  E  und  F.

Die Aufgabe besteht nun darin, die quadratischen Plättchen so zu verschieben, dass die Punkte F und E auf den jeweiligen Diagonalen liegen.   Ist dies der Fall, so lässt sich durch wiederholte Anwendung des Strahlensatzes zeigen, dass die Strecken  FH (=x)   und  EG (= y)  die mittleren Proportionalen von  a  und  b  sind.

Die Länge der Strecke  a  ist durch den Abstand der Schienen fest vorgegeben.  Für andere Werte von  a  und  b  lassen sich die mittleren Proportionalen dann mit Hilfe des Prinzips der Ähnlichkeit bestimmen.

Der von Eratosthenes angegebene Mechanismus wird =im folgenden mit Hilfe der Geometrie-Software Cinderella simuliert.   Dabei kann an allen gross gezeichneten Punkten "gezogen" werden.   Die Plättchen lassen sich verschieben, indem man sie jeweils an der linken unteren Ecke "anfasst".

Beim Experimentieren stellt man fest, dass man die Plättchen in der Regel mehrfach ausrichten (nachjustieren) muss, bis sich eine visuell befriedigende Situation einstellt.   Es versteht sich von selbst, dass durch dieses Verfahren nur eine Näherungslösung zustande kommt.

Im Gegensatz zu dem von Eratosthenes konstruierten Mechanismus kann bei dem in der Simulation verwendeten "virtuellen" Mechanismus auch der Abstand der Schienen leicht modifiziert werden - ein Konstruktionsbaukasten für solch einen Mechanismen hätte Eratosthenes vermutlich gut gefallen.